Autor | Journalist | Sprecher
KLARHEIT (Auszug)
Wieso ist es ausgerechnet Klarheit, die unser Leben so viel besser machen kann?
„Clarity“ war mein erstes Tattoo, das ich mir stechen ließ. Auf die Brust, links neben dem Herzen... Ich hatte mich schon Tage und Wochen mit der Begrifflichkeit und der Bedeutung für mich beschäftigt und eines Morgens wachte ich auf, und wollte, nein ich musste es haben und auf der Haut tragen, als ein Statement für die Ewigkeit – aber hey, kein falscher Pathos - ich war ja gerade 52 geworden, also die Ewigkeit wird dann ja nicht mehr sooo lange andauern... und wenn die Haut eh schon ein bisschen faltig ist, kann´s im Alter dann wenigstens nicht total durchhängen...
„Clarity“- es war nicht allein die „Klarheit“ als wörtliche Übersetzung, sondern die Kombination mit den anderen Bedeutungen, die mich so erfüllte.
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Die Übersichtlichkeit
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Die Anschaulichkeit
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Die Deutlichkeit
Aber eben auch:
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Die Reinheit
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Der Glanz
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Die Pracht
Nur, wenn etwas klar und damit rein und unverfälscht ist, kann es prachtvoll erstrahlen, wie die Sterne es tun in einer klaren, kalten Wüstennacht. Und ja, ein strahlender Mensch zu werden, ist das nicht ein wunderbares Ziel und so atemberaubend „Wow, wow...“?
Denn zu strahlen bedeutet ja auch glücklich zu sein, zufrieden, ausgeglichen, das Leben und sich liebend und sichtbar zu sein, deutlich und anschaulich (im wahrsten Sinne) für andere...
Aber es ist ja leider nicht so, dass man nach Hause kommt, das Licht anknipst und auf einmal ist alles klar und erleuchtet... Schön wärs...
Ich habe mehr oder minder viele Jahre und etliche Krisen gebraucht, um zu erkennen, warum mich gewisse Situationen und Menschen so immens struggeln und so derart aus der Bahn werfen können, dass sie meine kreisenden Gedanken über Wochen bestimmen und ich keine Ruhe und keinen Frieden damit finde.
Es waren rückblickend immer unklare Situationen und Menschen, die das mit mir anstellen konnten, die meinen Geist strapazierten, kochen und grübeln ließen, zermarterten oder mich im Kern erschütterten und bis an den Rand meiner Selbstexistenz brachten oder vielmehr Ich mich an den Rand der Selbstexistenz brachte.
Es waren eben die unklaren Dinge und Menschen, die Unklarheit ihrer Aussagen, die Diskrepanz zwischen Sagen und Tun, die Halbwahrheiten, mit denen ich immer zu kämpfen hatte und habe.
Die einfachen Dummen, Garstigen oder puren Egoisten kann man doch irgendwie „handeln“... Es sind die raffinierten Narzissten, die scheinheiligen Arschlöcher (die eben auf Heilige machen, aber von oben bis unten egomanische Wichser sind), die unberechenbaren Schwurbeligen, die vernebelnden Blendgranaten-Werfer, die einem das Leben zur Hölle machen können.
Und es sind deren Unklarheiten und die unklaren Botschaften, mit denen ich innerlich gerungen habe und die die schlimmen Gefühle in mir verursachten:
Die Unsicherheit, die Angst, die Zweifel, die Eifersucht und das Misstrauen.
Eine unklare Aussage ist wie eine Blindgänger-Bombe. Du gibst Dich erstmal damit zufrieden, wägst Dich in Sicherheit, aber die Wahrheit kann jederzeit mit ihr hochgehen.
Ohne Präzisierung kann ein Satz halt mehrere Bedeutungen haben – wer es einfach so leichtgläubig stehenlässt, ohne Konkretisierungen einzufordern, läuft Gefahr, am Ende die böse Überraschung präsentiert zu bekommen – In Liebe und Partnerschaft natürlich besonders verheerend.
Die mannigfaltige Unsicherheit der Interpretations-Möglichkeiten pack ich nicht mehr, ich bin müde und mürbe davon und mag nur noch Klarheit um mich herum. So gut es eben geht.
Ich mag nur noch Menschen, die in ihrer Authentizität sichtbar und greifbar sind, in Respekt vor sich selbst und den anderen zu sich stehen und ihre Glaubwürdigkeit verlässlich unter Beweis stellen und mit Stolz verteidigen.
Die aufrichtig sind, wer sie sind (oder zumindest offen auf dem Weg dahin) und sich auch so zeigen und dann den anderen entscheiden lassen, ob er/sie damit umgehen kann oder will... ohne Manipulation und Halbwahrheiten. Und aus diesen Gedanken heraus habe ich meinen eigenen kategorischen Imperativ der Authentizität formuliert:
„Sei wer Du bist oder sein willst, aber lass mich bitte durch Deine Aufrichtigkeit entscheiden, ob und wie ich damit umgehen kann oder will.“
Oder auf Dich bezogen formuliert:
„Sei wer Du bist oder sein willst, aber lass den anderen bitte durch Deine Aufrichtigkeit entscheiden, ob und wie er/sie damit umgehen kann oder will.“
Natürlich stellen sich dabei wichtige Fragen. Kann ich meinem Gegenüber meine volle Authentizität immer zumuten? Darf ich meinen „Mist“ und mein Ich einfach so auf den Tisch knallen mit der Einstellung – soll doch der andere gucken, wie er/sie damit umgeht und klarkommt? Mache ich es vielleicht besser schrittweise, um den anderen nicht zu überfordern?
Die Antwort ist stets die Gleiche: das kannst nur Du selbst entscheiden, ob und wann es sinnvoll ist, Dich einem Mitmenschen vollends zu präsentieren, Dich nackig zu machen und dann zu erleben, wie er/sie damit umgeht.
Aber wenn Du darum gebeten wirst, es zu tun, dann tu es, ganz und wirklich, denn es befreit. Es befreit Dich von der Unsicherheit, wie Du wirklich bei den anderen ankommst, es befreit Dich von der Bringschuld, ehrlich und authentisch einem anderen gegenüber zu treten. Und egal, wie es dann ausgeht, Du hast Dein Bestes – nämlich Dich – gegeben. Der Rest liegt wie so vieles andere beim anderen. Und wenn Du dann nicht gemocht, nicht geschätzt, nicht akzeptiert wirst, dann ist das halt so. Und es erspart Dir so viel Lebenszeit, die Du nicht im Gefallen-wollen, im Anrobben und Anschmeicheln verschwendest und eh keinen blassen Schimmer hast, ob jetzt Du selbst oder das, was Du vorgibst zu sein, lieber gemocht wird. Es ist schlicht Zeitverschwendung, nicht authentisch zu sein und Zeit ist nun mal das Kostbarste, was wir im Leben haben.
Ich wünschte, ich hätte früher damit angefangen, so zu denken.
Das hätte mir einige unschöne und bittere Erfahrungen und echte Lebenszeit erspart. Aber hey, vielleicht war das auch nötig. Ich hoffe, das kommt jetzt nicht in den völlig falschen Hals. Es geht ja nicht darum, im Bus aufzustehen und zu schreien: Hier bin ich!
Es geht auch nicht darum, sein Ich wie ein Pfau vor sich herzutragen und jedem ins Auge und Ohr zu hüpfen, der nicht bei 3 aufm Baum ist. Sondern um Begegnungen, die ehrlich und wahrhaftig und klar sein sollten.
Um Begegnungen mit Menschen, die sich dafür interessieren, wer Du bist.
Und diesen Menschen die Möglichkeit zu geben, selbst zu entscheiden, ob sie Dich mögen und schätzen, so wie Du bist. Und um eine Grund-Authentizität im generellen Auftreten. Glauben denn die ganzen Blend-Granaten, die Blindgänger und Möchtegerns wirklich, dass sie auf Dauer mit ihrer Maskerade durchkommen? Welche Sorte von Menschen können sie beeindrucken und in ihren Bann ziehen?
Die, die selber gerne anders wären, die, die selbst ihr wahres Ich nicht zeigen wollen und nicht zu sich stehen, aus welchen Gründen auch immer.
Authentizität und Klarheit ist keine Überlegenheit. Klarheit ist kein „Frei-sein von Fehlern und Schwächen“ – Klarheit ist keine Allwissenheit – im Gegenteil.
Für mich:
»Klarheit ist die Akzeptanz der Gegebenheiten unserer Geschichte, die Illumination des konzentrierten Kerns mit der Transparenz der eigenen Imperfektion.«
Das absolut Überraschende ist...die Entscheidung für und das Streben nach Klarheit ist wie eine self fulfilling prophecy...
Sobald man anfängt, den Super-Trooper auf das fragende Herz zu richten: „Wie möchte ich leben, wie möchte ich lieben, wie möchte ich arbeiten und mein Leben gestalten?“ ist es ein Selbstläufer, der einmal angestoßen unaufhaltsam seine Spirale um Dich herumzieht. Automatisch nimmst Du Dir die Zeit, in Dich zu gehen, Deine Gefühle zu erforschen (wie Meister Yoda immer sagte ) und mit jeder kleinen Entscheidung stößt Du die nächste gleichsam an. Die Spiral-Kreise verdichten sich um den Kern und stoßen dabei Überflüssiges und Überholtes ab und mit jeder Umdrehung und jedem Abwerfen von Ballast fühlt es sich nicht nur leichter und befreiter an, sondern es treibt Dich lustvoll weiter an... Du spürst den Kern in Dir heller werden und pulsieren und der Sog ist rauschgleich nicht mehr aufzuhalten.
Mit jedem Schritt in die Klarheit werden die Probleme leichter, die Hürden überwindbarer, die Veränderungen großartiger, die Verbindungen authentischer, ehrlicher und erfüllender.
Du fragst Dich weiter: Welche Menschen möchte ich in welcher Form an Nähe in meinem Leben haben, welche nicht? Mit wem gilt es sich zu arrangieren? Welche Konstellationen muss ich akzeptieren, ohne dass es mich weiter belastet oder wie kann und muss ich etwas ändern, weil es nun ausgesprochene No-Gos sind? Was brauche ich tatsächlich in meinem Umfeld oder an Dingen/Besitz, Versicherungen, Altersvorsorgen?
Und zack geht es los mit: ausmisten, reduzieren, Basics schaffen, detoxen, sich erden, bewusstmachen, was einem guttut und was nicht, sich eingestehen, wann der Körper und der Geist eine Pause machen muss und es dringend geboten ist, sich rauszunehmen und für sich zu sein. Wenn Du auf gewisse materielle Güter stehst, weil sie Dir Freude bereiten und ein „must“ für Dich sind, dann wirst Du neuer, bewusster dazu stehen können.
Deine Prios werden sich verändern, wie Dein Kommunikations-Verhalten auch. Zuerst für Dich selbst, denn in dem Prozess wirst Du erkennen, wann und bei welchen Angelegenheiten Du Dich selbst belogen, ausgetrickst und Dich selbst verarscht hast. Du wirst Dich nüchtern erleben, unverfälscht... Und das auch von den anderen Schritt für Schritt erwarten.
Du wirst das Bedürfnis haben, den anderen „mitzunehmen“ und „abzuholen“. Weil Du selbst das Bedürfnis danach hast, dass Dein Umfeld offen und klar mit Dir kommuniziert. Wer das nicht kann oder möchte, wird früher oder später keinen wichtigen Platz in Deinem Leben haben, weil Du damit immer weniger „anfangen“ kannst und Dich nicht mit den Unklarheiten bis hin zu den Manipulationsversuchen der anderen aufhalten lassen willst und kannst. Und ja, manche Entscheidungen, die Du nun treffen musst, sind fucking schwer und es wird Menschen überrollen, denen Du nicht wehtun willst, aber gerade die haben Deine Klarheit verdient und werden irgendwann Deine klare Kante zu schätzen wissen. Und für neue Begegnungen ist Dein Statement zu Dir selbst und Deine klarere, freiere Anschaulichkeit mega attraktiv, nebenbei bemerkt...
Nach Klarheit zu streben ist für mich auch eine der höchsten Formen der Selbstliebe, die befreit ist von der Kontrolle, Manipulation und der Zustimmung von außen und bereit dafür ist, Deine Liebe an Menschen zu schenken, die es zu schätzen wissen, wenn ein freier und bewusster Mensch sich dafür entscheidet.
Klarheit ist der Beginn von allem und die Basis für alles.
Für den Weg, den Du einschlagen wirst:
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für Deine Aufbereitung der alten Muster und Narrative
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für Deine Grenzen
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für Deine Veränderungen in Dir und um Dich herum
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für Deine Authentizität
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für Deine Gelassenheit
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für Deine Kommunikation
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für Deine Gestaltung aller Beziehungen
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für Dein ICH als bewusster, freier Mann
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für Dein ICH als bewusste, freie Frau
»The World, Life and any Connection shine brighter in Clarity.«
Toni Froestl, November 2022